Rechtliches NGF

Gesetze NGF

Die in der Schweiz zum Betrieb der Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung zugelassenen Versicherungseinrichtungen bilden und betreiben gemeinsam den Nationalen Garantiefonds. Der NGF ist ein Verein und hat eine eigene Rechtspersönlichkeit. Artikel 76, 76a und 76b des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) regeln die Aufgaben und die Finanzierung des Nationalen Garantiefonds.

Die Aufgaben des liechtensteinischen Nationalen Garantiefonds werden durch den schweizerischen NGF wahrgenommen.

Die gesetzlichen Aufgaben des NGF bestehen in der Deckung von Schäden, die in der Schweiz und in Liechtenstein durch nicht ermittelte oder nicht versicherte Motorfahrzeuge und Anhänger verursacht werden. Gemäss SVG muss eine Versicherungspflicht bestehen (Art. 76 Abs. 2 lit. a Ziffer 1 SVG).

Ebenfalls gedeckt wird die Haftung für Schäden, die durch Radfahrende oder Benutzer und Benutzerinnen fahrzeugähnlicher Geräte verursacht werden. Vorausgesetzt wird, dass Schädigende nicht ermittelt werden können oder Schäden weder von Schädigenden noch von einer Haftpflichtversicherung noch von einer verantwortlichen Person oder einer anderen Versicherung gedeckt werden (Art. 76 Abs. 3 lit. a Ziffer 2 SVG).

Kann ein konkursiter Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherer für Schäden nicht aufkomme, bezahlt der NGF den anspruchsberechtigten Personen gegen Aushändigung des Verlustscheins denjenigen Teil der Ansprüche aus, für den die Konkursverwaltung einen Verlustschein ausgestellt hat (Art. 76 Abs. 4 lit. a SVG).

Der NGF wird im Sanierungsverfahren eines Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherers deckungspflichtig, wenn die FINMA eine Kürzung der Schadenzahlungen vorsieht. Der NGF übernimmt die Differenz zwischen den vom zuständigen Versicherer insgesamt geschuldeten Schadenzahlungen und den geschuldeten Leistungen nach erfolgter Kürzung (Art. 76 Abs. 4 lit. b SVG i.V. mit Art. 54a VVV).

Geschäftsführender Versicherer und Geschäftssitz

Der NGF kann seine Mitglieder oder Dritte mit der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben betrauen und einen geschäftsführenden Versicherer bezeichnen. Seit der Gründung des NGF werden die operativen Vereinsaufgaben durch die Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG wahrgenommen.

Der NGF hat seinen Hauptsitz beim geschäftsführenden Versicherer Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG in Zürich. Zweigniederlassungen hat er in Lugano und in Lausanne.

Statuten

Die Zusammensetzung, die Aufgaben und die Befugnisse der Organe des Nationalen Garantiefonds Schweiz sind in den Statuten geregelt. Die Organe sind die Mitgliederversammlung, der Vorstand und die Revisionsstelle. Die Revisionsstelle wird von der Mitgliederversammlung für jeweils ein Jahr gewählt. Als Revisionsstelle wählbar sind nach den Vorschriften des Revisionsaufsichtsgesetzes beaufsichtigte Revisionsunternehmen.

Art. 1 Abs. 1 der Statuten des NGF bestimmt, dass der NGF die Rechtsform eines Vereins gemäss Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) einnimmt.

Gemäss Art. 60 Abs. 2 ZGB müssen Vereinsstatuten in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben. Art. 55 Abs. 1 der Verkehrsversicherungsverordnung (VVV) sieht vor, dass die Statuten des NGF sowie dessen Änderungen durch die Aufsichtsbehörde des NGF, dem Bundesamt für Strassen (ASTRA), genehmigt werden müssen.

Die Statuten des Nationalen Garantiefonds Schweiz (NGF) sind seit dem 28. August 2003 in Kraft. Am 20. Mai 2022 wurden sie revidiert.

Behörden

Der Nationale Garantiefonds Schweiz (NGF) untersteht der Aufsicht des Bundesamtes für Strassen ASTRA (Art. 76b Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes SVG).

Der Nationale Garantiefonds des Fürstentums Liechtenstein, dessen Aufgaben durch den Nationalen Garantiefonds Schweiz wahrgenommen werden, untersteht der Aufsicht der Regierung (Art. 72b Abs 2 SVG-FL).

Die durch den NGF zur Deckung dessen Aufwandes festgelegten Beiträge der Motorfahrzeughaltenden bedürfen der Genehmigung durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA (Art. 76a Abs. 2 SVG) und die Regierung des Fürstentums Liechtenstein (Art. 72a Abs. 2 SVG-FL).

Passivlegitimation

Die Passivlegitimation kommt bei einem Prozess zur Geltendmachung eines Anspruchs aus einem Verkehrsunfall (Art. 76b Abs. 1 SVG) dem NGF zu. Eine Klage muss gegen den NGF und nicht gegen dessen Vertreter gerichtet werden. Vertreter des NGF sind z.B. die Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG oder eine andere Mitgliedsgesellschaft.

Gemäss Art. 38 der Zivilprozessordnung (ZPO) sind die folgenden Gerichte zuständig:

  • Gericht am Unfallort
  • Gericht am Wohnsitz oder am Sitz der beklagten Partei
  • Gericht am Ort einer Zweigniederlassung des NGF

Für Personen mit Wohnsitz in Liechtenstein sind neben dem Gericht am Unfallort auch die Gerichte am liechtensteinischen Wohnsitz der klagenden Partei sowie am Sitz oder Ort einer Zweigniederlassung des NGF zuständig (siehe Notenaustausch zwischen der Schweiz und Liechtenstein).

Subsidiarität

Bei Schäden, die durch nicht ermittelte oder nicht versicherte Motorfahrzeuge, Anhänger und Fahrräder verursacht werden, ist die Leistungspflicht des NGF lediglich subsidiärer Natur. Sie entfällt, wenn Geschädigte Leistungen aus einer Schadens- oder einer Sozialversicherung beanspruchen können (Art. 76 Abs. 6 SVG). Geschädigte müssen sich zur Deckung ihrer Schäden in erster Linie an diese Versicherungen halten. Letzteren steht kein Regressrecht gegen den NGF zu. Der NGF kommt lediglich für den durch Schadens- und Sozialversicherungen nicht gedeckten, gemäss Strassenverkehrsgesetz geschuldeten Direktschaden auf.

Selbstbehalt

Bei Sachschäden durch nicht ermittelte Motorfahrzeuge, Anhänger und Fahrräder (vgl. Art. 76 SVG) gilt ein Selbstbehalt von CHF 1000 pro geschädigte Person. Dieser entfällt, wenn Schädigende aus denselben Ereignissen für erhebliche Personenschäden haften (Art. 52 Abs. 3 VVV). Ein erheblicher Personenschaden liegt vor, wenn er nach objektiven Massstäben eine ärztliche Konsultation (Arzt- oder Spitalbesuch) notwendig macht.

Hat sich der Unfall in Liechtenstein ereignet, ist eine abweichende Regelung anwendbar. Gemäss  der liechtensteinischen Verkehrsversicherungsverordnung VVV beträgt der Selbstbehalt EUR 500 oder der Gegenwert in Schweizer Franken (Art. 53 Abs. 3).

Regress

Der NGF versucht in allen Schadenfällen, die Kosten bei den Verursachenden zurückzufordern. Es steht ihm ein vollumfängliches Rückgriffsrecht auf geleistete Entschädigungen zu. Im Vergleich zu den Schadenzahlungen sind die daraus generierten Regresseinnahmen tief, da in den meisten Fällen die Unfallverursachenden nicht ermittelt werden können.

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